Ausgabe Nr.
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J M upload 02.03.2023, Viva Edition 197 | Print article

Spanien: Neues Tierschutzgesetz 2023

Nicht zuletzt aufgrund des Drucks höherer Tierschutzstandards in Europa hat auch Spanien im Jahr 2021 ein neues Tierschutzgesetz verabschiedet (Ley 17/2021), das Tieren den Status ‚Lebewesen mit Empfindungsvermögen‘ verleiht und sie somit nicht mehr als ‚Sache‘ erachtet werden. Diese Änderung war

Im Wortlaut [...] „Ziel dieses Gesetzes ist es, auf dem gesamten spanischen Staatsgebiet eine grundlegende rechtliche Regelung für den Schutz, die Gewährleistung der Rechte und das Wohlergehen von Tieren in Gefangenschaft zu schaffen, unbeschadet der Tiergesundheit, die durch das Gesetz 8/2003 vom 24. April sowie durch die Vorschriften der Europäischen Union geregelt ist“.  [...]

Weitere Vorgaben müssen erfüllt werden im Rahmen der „EU-Biodiversitätsstrategie für 2030“, verabschiedet am 9. Juni 2021 vom Europäischen Parlament.

Einheitliches Tierwohlgesetz

Am 9. Februar 2023 hat das spanische Parlament einen Gesetzesentwurf für ein einheitlich national geregeltes Tierschutzgesetz mit dem wohlklingenden Namen „Ley de Bienestar Animal“ vorgelegt, was übersetzt so viel bedeutet wie „Gesetz für das Tierwohl“.

Der Senat muss es noch im Detail bearbeiten und absegnen. Die neue Verordnung tritt sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung im Staatsanzeiger (BOE Boletín Oficial del Estado) in Kraft, wobei Moratorien vorgesehen sind, um die Anpassung an die neuen Regeln zu erleichtern.

Positive Haustierliste, ohne Exoten

Es wird eine sog. „positive Liste“ (listado positivo) erstellt, um zu definieren, welche Tiere als Haustiere betrachtet und gehalten werden dürfen. Generell gilt: sämtliche Tiere, die nicht in der Liste aufgeführt sind, z. B. geschützte oder gebietsfremde Arten, unterliegen nicht dem Schutz dieses Gesetzes. Für sie gelten gesonderte Regelungen (z. B. Wildtiere oder invasive Arten).

72 Seiten zum Wohle der Tiere

Der Gesetzesentwurf umfasst 72 Seiten. Wir haben für Sie die wichtigsten Punkte herausgepickt, alles Weitere würde jeden Rahmen sprengen. Dabei liegt unser Augenmerk vor allem auf Veränderungen, die in Spanien residente Haustierhalter unmittelbar betreffen und auch im Senat nicht mehr verhandelbar sind (geregelt in Titel II über die Haltung und das verantwortungsvolle Zusammenleben mit Tieren und im Speziellen dessen Kapitel II über die Haltung von Haustieren).

Kurs für Hundehaltung und Haftpflichtversicherung

In Titel II, Kapitel II, reguliert Artikel 30 exklusiv nur die Hundehaltung. Er beinhaltet u.a. folgende Regelungen:

- Hundebesitzer müssen, unabhängig von der Hunderasse und -größe) einen Halterkurs absolvieren. Sicher ist, dass der „Curso“ gratis sein wird und eventuell online absolviert werden kann. Er muss bei der Neuanschaffung eines Hundes vorgewiesen werden. All jene, die bereits einen oder mehrere Hunde besitzen, haben zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes Zeit zur Absolvierung. Einmal abgelegt, hat der Kurs für Frauchen bzw. Herrchen unbefristete Gültigkeit.

Noch nicht klar geregelt ist, welche Besitzer gemeinsam mit ihrem Hund einen Test ablegen müssen, um die sozialen Fähigkeiten zu beurteilen. Die Bedingungen hinsichtlich des Mindestalters und -gewichts des Hundes sowie Inhalt und Merkmale der Prüfung werden in einer gesonderten Verordnung festgelegt.

Eine Neuerung ist, dass die Liste der potenziell gefährlichen Hunde eliminiert und stattdessen eine individuelle Bewertung der Sozialverträglichkeit vorgenommen wird. Hierzu sind vom Gesetzgeber noch keine Details genannt.

Fest steht: eine Haftpflichtversicherung für Drittschäden wird für ALLE Hundehalter zur Pflicht. Sie muss über die gesamte Lebenszeit des Hundes bestehen. Bisher waren nur Hundehalter von Listenhunden (perros potencialmente peligrosos) verpflichtet, eine Versicherung abzuschließen

Neue Verbote und Verfügungen

- Verbot, Hunde länger als 24 Stunden unbeaufsichtigt zu lassen, bei Katzen und anderen Haustieren dürfen drei Tage nicht überschritten werden.

- Verbot, Hunde und Katzen permanent auf Terrassen, Balkonen, Dachterrassen, in Abstellräumen, Kellern oder Fahrzeugen zu halten.

- Das Verbot des Verstümmelns des Körpers aus ästhetischen oder funktionellen Gründen, wenn dies nicht gesundheitlich indiziert ist oder dem Zwecke der Sterilisation dient.

- Verbot der unkontrollierten Reproduktion, vor allem bei Katzen, die noch vor ihrem 6. Lebensmonat sterilisiert werden müssen, es sei denn, sie werden von offiziell registrierten Züchtern gehalten.

- Verpflichtung zur Meldung der Beseitigung des Leichnams eines verstorbenen Haustieres.

- Meldepflicht bei den zuständigen Behörden über das Entlaufen oder den Diebstahl eines Haustieres innerhalb von 48 Stunden. Geschieht dies nicht, gilt das Tier als herrenlos und ausgesetzt.

Bußgeldhöhe

Die Geldbußen für Verstöße gegen das Gesetz werden in drei Kategorien eingeteilt:

- geringfügige Verstöße zwischen 500 und 10.000 Euro

- schwere Verstöße zwischen 10.001 und 50.000 Euro

- sehr schwere Verstöße zwischen 50.001 und 200.000 Euro

   Kein besonderer Schutz für Jagdhunde

Ein Knackpunkt, der im Parlament derzeit für heiße Diskussionen sorgt, betrifft die Haltung von Jagdhunden. Sie erfahren keinen besonderen Schutz im neuen Gesetz zum Tierwohl. Das ruft auch Tierschützer auf den Plan, die dabei vor allem an die in Spanien weit verbreiteten Galgos, Podencos und Bodegueros denken, die in vielen Fällen ein trauriges Schicksal haben und in engen Zwingern harren müssen, bis sie für einen Einsatz ‚gebraucht werden‘.

RESÜMEE

Wir sind gespannt, wie sich der Zwist im Parlament entwickelt und sich das Gesetz in finaler Form präsentieren wird. In der Presse und in sozialen Medien überschlagen sich derzeit die Berichterstattungen und Kommentare.

Lassen Sie sich nicht verrückt machen. Es mag sein, dass der Hundehalterkurs oder die Haftpflicht versicherung Ihnen schwer im Magen liegt und Sie sich fragen, ob das alles, beispielsweise bei Ihrem Chihuahua, nötig ist ...

Aber bitte bedenken Sie, dass eben auch verantwortungslose Tierhalter diese Anforderungen erfüllen müssen.

Wir bleiben am Thema und werden Sie auf dem Laufenden halten. Unter nachfolgendem Link finden Sie den gesamten Text des neuen Gesetzesentwurfs vom 9. Februar 2023 (72 Seiten) in der PDF-Version zum Herunterladen:

https://www.mdsocialesa2030.gob.es/derechos-animales/docs/APL-PROTECCION-DERECHOS-Y-BIENESTAR-ANIMALES.pdf

Unter diesem Link finden Sie das Tierschutzgesetz in der Aktualisierung vom 13. Februar 2023 (777 Seiten) in der PDF-Version zum Herunterladen:

https://www.boe.es/biblioteca_juridica/codigos/codigo.php?id=204&modo=2¬a=0

Eva Dienesen