Ausgabe Nr.
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J M upload 01.09.2018, Viva Edition 134 | Print article

Stauseen – auf den Spuren des Wassers (Presa de las Niñas & Co.

Nach dem jüngsten Regen auf Gran Canaria präsentiert sich die Natur in einem zartgrünen Kleid. Wie durch ein Wunder sprießen Pflanzen an Stellen, die man im Hochsommer nur als braune unfruchtbare Erde bzw. Geröll wahrnimmt und man sich nicht vorstellen kann, dass hier etwas wachsen kann. Blühende Bäume und Büsche zieren alle Bergrücken und an manchen ohnehin fruchtbaren Ecken findet man nun eine üppige Vegetation. Angeblich fließen in einigen Ecken im Landesinneren auch Wasserfälle. Wir entführen Sie daher einmal zum Stausee von Soria im Gemeindegebiet von Mogán (dieses Ziel war zumindest ursprünglich geplant). Dazu fahren wir südwärts auf der Autobahn GC-1 bis Arguineguín wo wir nach El Pajar abfahren. An einem Kreisel mit einer Skulptur eines Altkanariers mit einem traditionellen Hirtensprungstab biegen wir rechts ab, dem Hinweisschild nach Cercados de Espinos bzw. Soria folgend.

1. Station: Presa de Soria

Presa de Soria normalerweise

Die etwa 33 Kilometer lange Tour ist selbst für ungeübte Autofahrer gut zu bewältigen und auch bei Radfahrern sehr beliebt. Die erste Etappe auf der Landstraße GC-505 schlängelt sich durch das Tal, vorbei an Bananenplantagen und Steinbrüchen, wovon sich hier die meisten der Insel befinden, die Steine und Sand als Baumaterial liefern. Wir passieren Ansiedlungen, wie z. B. El Horno, Cercados de Espinos, Las Filipinas etc. Je tiefer wir in das Landesinnere vordringen, desto mehr steigt die Straße an, wird kurvenreicher bzw. hat auch Spitzkehren. Auch die Landschaft verwandelt sich. Die ursprüngliche Kaktuswüste wurde durch diverse Wasserleitungen, welches natürlich aus den Stauseen stammt, angeliefert und verwandelte es in ein fruchtbares Land, das landwirtschaftlich genutzt wird. Zudem verdichten sich die Pinienwälder sukzessive.

Fast schon Kult ist die urige Casa Fernando in Soria, die seit vielen Jahren ihre Gäste mit liebevoller und herzlicher Familientradition und typisch kanarische Speisen, wie z. B. Tapas oder frischem Fisch, verwöhnt. Im alten Holzofen wird das Anisbrot selbst gebacken, das dem köstlich knusprigen Schinken-Käse Toast eine edle Geschmacksnote verleiht. Das erfrischende Papaya-Banane Getränk ist ein Hit, nicht nur für Gesundheitsfanatiker. Für viele Ausflügler ist eine Rast hier ein absolutes Muss, Parkplätze sind genügend vorhanden. Von der kleinen Sonnenterrasse aus bietet sich ein wunderbarer Ausblick auf das Tal.

Presa de Soria "leer"

Wir setzen den Weg etwa einen Kilometer in Richtung Presa de Soría fort. Hier wird die Straße so eng, dass stellenweise wirklich nur ein Auto fahren kann. Man sollte also die Geschwindigkeit entsprechend anpassen. Schon von weitem sieht man die 120 Meter hohe Staumauer, die sich auf 650 Meter Höhe befindet. Neben El Seberio ist sie die  Zweitgrößte der Insel und erstreckt sich über 148,5 Meter Länge. Das Fassungsvermögen beträgt 32,3 Millionen Liter, wobei nur ein Teil davon der Inselregierung gehört. Nach zehn Jahren Bauzeit unter der Leitung des Architekten Alejandro Castro Jimenez wurde 1972 die Verbindung mittels einer Traverse zum Stausee Chira im gegenüberliegenden Tal „Cercados de Araña“ fertiggestellt. Doch oh Schreck. Der Presa de Soria ist noch immer leer, kein Wasser weit und breit in Sicht. Die monatelange Trockenzeit auf Gran Canaria wird bei diesem Stausee auf anschauliche Weise dokumentiert (siehe Fotos). Der Wasserstand lag im Oktober 2017 bei erschreckenden 0,25 Prozent seines Fassungsvermögens, also gleich bei Null. Dabei könnte Presa de Soria 32 Millionen Kubikmeter fassen, es hat sich allerdings trotz des Regens der letzten Wochen nichts verändert. Ganz anders allerdings ist die Situation in den Zonen im Norden und Osten der Insel, denn dort freut man sich über volle Pegelstände (Artenara, La Aldea, La Cumbre, Vaquero und La Candelaria, Stand: 12. Februar 2018).[1]

Zweite Station: Presa de las Niñas - perfekte Alternative

Wir konsultieren unsere Smartphones und haben zum Glück eine fantastische Alternative für Sie gefunden! Es ist das Erholungsgebiet im nur 11,3 Kilometer entfernten Presa de las Niñas. Dazu fahren wir wieder ein Stück zurück und biegen beim entsprechenden Hinweisschild auf die Bergstraße GC-505 hoch. Nun wird es noch steiler, enger und kurvenreicher, immerhin müssen wir auf eine Höhe von 950 Meter. Doch sie ist gut befahrbar, wenngleich in einem nicht ganz perfekten Zustand. Nun fahren wir durch die Pinienwälder und genießen die frische Luft und die Stille, wenngleich die Temperatur um drei Grad versus unserem Ausgangsortes gesunken ist.

Erholungsoase mit Camping-, Zelt und Grillplätzen

Eingebettet zwischen Bergen und Pinienwäldern liegt unser Ziel und das Hinweisschild „Área recreativa Presa de las Niñas“ weist uns den Weg zum Parkplatz. Der künstlich angelegte Stausee liegt in einem außergewöhnlichen Naturschutzgebiet und mit seiner reizvollen Landschaft ist der Presa de las Niñas einer der beliebtesten Destinationen im Gemeindegebiet von Tejeda.1) Der Bau erfolgte in drei Etappen, der im Jahr 1930 begann und nach mehreren Veränderungen im Jahr 1959 unter der Leitung von Manuel Cuartero Martínez abgeschlossen wurde. 

Es gibt die vielfältigsten Möglichkeiten, seine Freizeit auf Gran Canaria zu gestalten, je nachdem wie prall gefüllt ihr Portemonnaie ist. Um einen herrlichen Tag in der erholungsspendenden Natur zu verbringen, muss man aber nicht tief in die Tasche greifen. Egal, ob mit Freunden oder mit der Familie, es zahlt sich aus, die Natur in ihrer wunderbaren Schönheit zu genießen. Die Inselregierung und die Gemeinden haben sich in den letzten Jahren große Mühe gegeben, gut ausgestattete Grillplätze an landschaftlich reizvollen Stellen zu errichten.[2] Deren Benutzung ist kostenlos! Nur in den heißen Sommermonaten herrscht natürlich aufgrund der großen Waldbrandgefahr absolutes Grillverbot. Wie wäre es dem Strand und Meer, der Hektik und dem Lärm für einen Tag Lebewohl zu sagen und in die Berge, zum Grillen zu fahren? 

Wer nicht möchte, muss ja auch nicht unbedingt grillen. Man kann sich ebenso ein paar kalte Leckerbissen und Getränke mitnehmen und sich an einem netten Picknick in der freien Natur erfreuen. Auf dem weitläufigen Gelände verteilt stehen steinerne Tische und Bänke. Es ist beinahe menschenleer. Das ist im Sommer zur Ferienzeit natürlich ganz anders! Es gibt zwar ausreichend gemauerte Grillstellen, doch diese stehen nach dem Motto „First come, first serve“ zur Verfügung. Man kann sie verwenden, sofern sie nicht schon von anderen Naturfans belegt sind. 

• Fast wie auf einer Alm ...

Schon wenn Sie aus dem Auto steigen und tief durchatmen löst die frische Luft, der Anblick und die Stille wahrlich Glücksgefühle aus. Hier am Parkplatz befinden sich sogar Sanitäranlagen und Campingplätze. Vor uns breitet sich eine von sanften Hügeln umgebene Ebene aus. Eine Seite wird von den Pinienwäldern gerahmt und auf der gegenüberliegenden Seite hören wir die Glocken einer Schafherde, die das saftige Gras genießt, uns Menschen aber keine Aufmerksamkeit schenkt. Fast fühle ich mich wie auf einer Alm in Österreich. Durch diese liebliche Heidelandschaft läuft ein entzückender Bach, dessen Rauschen in Kombination mit dem Vogelgezwitscher wie ein Orchester harmoniert. Ich stehe, genieße und lächle glückselig, ebenso wie mein Fotograf Eric. Nur Juan (mein Hündchen) ist ganz aufgeregt, versucht er doch vom Ufer aus in die Wasserbläschen zu beißen. Wir folgen diesem Bachverlauf, auf der Suche nach dem Presa de las Niñas. Nach einiger Zeit sind wir verunsichert und konsultieren abermals unser allwissendes Smartphone. Tatsächlich, wir sind am Ziel und stehen theoretisch mitten im See. Nur, dass der Wasserstand stark zurückgegangen ist auf eine kleine Menge seiner ursprünglichen Ausdehnung. Wo früher Seeboden war, der metertief unter der Wasseroberfläche lag, kann man heute spazieren gehen und Blumen pflücken. Man kann sich kaum vorstellen, dass vor Jahren das Wasser bis beinahe zu den Grillstellen heranreichte. Das macht allerdings gar nichts, denn die Landschaft mit seinem entzückenden Bach ist nicht minder reizvoll.

Unser Tipp: Der Ausflug lohnt sich auf alle Fälle. Wir empfehlen allerdings, wie bei allen Ausflügen in die Berge (besonders in den Wintermonaten) warme Kleidung mitzunehmen. Der frische Wind und die Höhenlage sorgt mitunter für etwas kühlere Temperaturen als im Süden an der Küste. Wer gerne wandert, kann beispielsweise seine Zelt- oder Campingstation am Presa de las Niñas aufschlagen und von hier aus herrliche Wanderungen machen. 

Bonus: Mandelblüten zum Abschluss

Nun können Sie entweder den gleichen Weg zurück fahren oder, so wie wir, gleich noch eine Mandelblütentour anhängen. Durch die kühlen Temperaturen haben die Mandelbäume in diesem Jahr ihr herrliches Blütenkleid einige Wochen verspätet ‚angezogen‘. Schon in Soria haben einige Bäume mit ihrem rosaweiß farbenen Kleid die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Wir wählen also den Weg in Richtung „Tunte“ bzw. San Bartolomé de Tirajana fort. Diese Strecke ist wohl eine der schönsten Mandelblütenstraßen auf Gran Canaria und verzaubert zudem mit den herrlichen Panoramaausblicken auf die Bergwelt. So kurvten wir gemütlich, begleitet von diesem Augenschmaus, den Weg weiter bis nach Tunte und von dort aus südwärts über Fataga wieder zu unserem Ausgangspunkt Maspalomas. Viel Spaß!

Footnotes

  1. ^ Siehe unsere Serie „Picknick und Grillplätze“ in Viva Canarias Nr. 53 vom 14. 3. 2014.
  2. ^ Rang 2 der beliebtesten Destinationen in Tejeda laut Tripadvisor.