Ausgabe Nr.
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J M upload 01.07.2020, Viva Edition 165 | Print article

„Steine im Getriebe“ im spanischen  Konjunkturprogramm

Vergangene Woche stellte die Zentralregierung in Madrid den Tourismusplan vor, um aus der aktuellen Krise zu kommen. Spanien wird 4,25 Mrd. Euro in den Tourismus investieren, von denen 3,36 Mrd. Euro in die Reaktivierung (davon 2,5 Mrd. Euro für ICO Kredite1) und 859 Mio. Euro für Verbesserungen und Wettbewerbsfähigkeit bestimmt sind). Wichtig ist die Wiederherstellung des Vertrauens in Spanien als sichere Urlaubsdestination, das durch die gravierende Ausbreitung schwer getroffen wurde. Das Problem dabei ist, dass der Mitte Juni vorgestellte Tourismusplan die Investition in einem Sektor vorsieht, der für gewöhnlich 100 Milliarden in die Wirtschaft schießt und in diesem Jahr jedoch aufgrund der Ausfälle voraussichtlich um 83 Milliarden  Euro schrumpfen wird. Pro Woche beträgt der Verlust etwa 5 Milliarden Euro.

In diesem Plan fehlen Steuererleichterungen, wie z. B. die Senkung der IVA (Mehrwertsteuer) ebenso wie Anreize zur Stimulation der Konsumenten, wie es in vielen anderen Staaten implementiert wurde. In Italien wurden an jeden Bürger 500 Euro für Urlaube im eigenen Land ausbezahlt. Nicht beinhaltet sind Förderungen oder Beihilfen für den Flugverkehr obwohl 80 % aller ausländischen Touristen mit dem Flugzeug kommen und die Fluglinien als Folge des (Total)Ausfalls derzeit gravierende Liquiditätsprobleme haben. Ministerpräsident Pedro Sánchez wies darauf hin, dass die Landegebühren von Aena eingefordert werden und, dass diese adaptiert werden müssen.

ERTE Verlängerung? Ja, nein?

Unklar ist, wie letztendlich das neue ERTE2) Programm aussehen wird und ob und ggfs. wie lange dieses verlängert wird. Mit der Ausrufung des Alarmzustands hat die Zentralregierung mit dem ersten ERTE-Programm die Möglichkeit geschaffen, Personal aufgrund Höherer Gewalt und damit verbunden der Inaktivierung der Geschäftstätigkeit in eine temporäre Arbeitslosigkeit oder in Kurzarbeit zu schicken.

Sowohl der Arbeitgeberverband als auch die Gewerkschaften sehen das neue Programm sehr kritisch, denn es ist unwahrscheinlich, dass in Anbetracht der vielen Covid-19 Einschränkungen im Monat Juli wirtschaftlich gearbeitet werden kann oder, dass es überhaupt Sinn macht, wieder die Tätigkeit aufzunehmen. Das geplante neue ERTE soll bis 30. September 2020 verlängert werden, die Entscheidung wurde am 26. Juni 2020 im Rahmen einer Sondersitzung des Ministerrats gefällt. Klar ist, dass die Gewerkschaften ihr Vetorecht behalten werden. Eine weitere Einschränkung besagt, dass keine Aufgaben an externe Dienstleister vergeben werden dürfen, während sich Mitarbeiter im ERTE befinden. Im Mai 2020 sind die Beschäftigungszahlen nach den starken Einbrüchen im März wieder angestiegen, insgesamt um 1,88 Prozent. Interessanterweise liegen diese überproportional hoch bei Kleinunternehmen (über 2 % bei KMUs mit 1 bis 49 Mitarbeiter) während bei Großunter

der Zuwachs lediglich bei 0,37 % lag (siehe Skizze u.). Die Gewerkschaften weisen auf ein weiteres Problem des neuen ERTE Programms hin, dass nämlich Unternehmen, die mit 1. Juli 2020 keinen ihrer Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter aus dem ERTE  rausgenommen haben, nicht davon profitieren können.  Ein Betreiber eines Kinderparks müsste also, selbst wenn dieser weiter geschlossen bleibt, ab 1. Juli die Sozialversicherungen zahlen. So ist es zumindest aktuell formuliert.

 

1)ICO Instituto de Crédito Oficial, staatlich garantierte Kredite
2)ERTE Expediente de Regulación Temporal de Empleo