Ausgabe Nr.
Ausgabe Nr.
J M upload 01.08.2020, Viva Edition 166 | Print article

Studien über die Ansteckungswege von Covid-19

Ein Bus, ein Großraumbüro und ein Restaurant, diese drei realen Szenarien von Massenansteckungen mit dem Coronavirus waren Gegenstand der Ergebnisse, der in El Pais Ende Juni 2020 von Javier Salas und Mariano Zafra veröffentlichten Studien, welche die Ansteckungswege analysierten. Dabei wurden einige interessante Erkenntnisse evident, die den Gesundheitsbehörden helfen sollen, die richtigen Präventionsmaßnahmen festzulegen, um das Ausbreiten des Coronaviruses zu unterbinden. Diese Analysen erleichtern es auch zu verstehen, wieso welche Verordnungen der Covid-19 Gesundheitskrise für die Phase der „neuen Normalität“ definiert wurden.

Vorab: Die Ansteckungswahrscheinlichkeit hat eine direkte Korrelation mit der Viruslast und diese widerrum hängt davon ab, wie lange man sich dem Virus SARS-CoV-2 ausgesetzt hat. Als grundsätzliche Größe wurden bisher 15 Minuten angenommen. Das Virus schwebt aufgrund der geringen Größe eine gewisse Zeit in Luft, weshalt Aufzüge grundsätzlich eine Gefahr darstellen, falls eine infizierte Person diese zuvor benützt hat. Ebenso verhält es sich in geschlossenen Räumen bzw. in Innenbereichen, wo keine ausreichende Frischluftzufuhr oder Luftaustasuch gewährleistet wird. Im Freien verflüchtigt sich das Virus vergleichsweise schnell, weshalb es dort bei weitem sicherer ist - was die Ansteckungsgefahr betrifft.

Zudem überleben die Viren, je nach Oberfläche, eine bestimmte Zeit lang. Daher ist die Handhygiene von enormer Bedeutung, um sich vor einer Ansteckung zu schützen.

Hier wurden 3 Szenarien untersucht und interssante Lektionen gezogen, die bei der Definition der Präventivmaßnahmen direkt und indirekt eingeflossen sind. Diese sind mitunter die maßgeblichen Kriterien, weshalb die Verordnungen Spaniens in dieser Detaillierung in Kraft gesetzt wurden.

Szenario 1: (Großraum)Büro

- 100 Arbeiter steckten sich in einem Großraumbüro eines Call Centers in der 11. Etage eines 19-stöckigen Gebäudes in Seoul (Südkorea) an und dafür waren vier Faktoren von entscheidender Bedeutung: Nähe der Personen zueinander und Dauer des Aufenthalts in einem geschlossenen Raum.

In einigen Arbeitsplatzeinheiten waren 9 von 13 Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden (siehe Skizze). Alle befanden sich in einem geschlossenen Raum mit insgesamt 137 Angestellten von denen 79 bzw. 57,6 % infiziert wurden.

Von den restlichen 927 Personen des Gebäudes wurden lediglich 3 Fälle identifiziert, obwohl sie mit der zuvor erwähnten schwer kontaminierten Personengruppe die Allgemeinräume, Lifte und Lobby verwendeten.

Conclusio der Behörden aus Seoul: Der permanente Kontakt über einen längeren Zeitraum in einem geschlossenen Raum ist entscheidend für eine Ansteckung.

Positiv wirkt sich eine natürliche Belüftung aus. Ebenso sollen die Arbeitsplätze diagonal im Zickzack positioniert werden und nicht gegenüber, damit die Aerosole in der Atemluft nicht das Gegenüber erreichen. Etablierung von flexiblen Arbeitszeiten oder Schichtarbeiten.

Vermeidung von gemeinsam benutzten Arbeitsmaterialien sowie von Menschentrauben oder -ansammlungen in Meeting- oder Mitarbeiterzonen.

 

Szenario 2: Restaurant

- In einem Restaurant in Guangzhou (China) speisten 90 Menschen bei einem Neujahrsessen und wurden von einem 8-köpfigen Servierpersonal betreut. Auf Tisch A speiste eine Person aus Wuhan, die bereits Symptome zeigte und sich in dieser Nacht ins Hospital begeben mußte. Danach wurden neun Personen an Tisch B und Tisch C mit dem Coronavirus identifiziert, obwohl sich manche bis zu 4,5 Meter entfernt befanden.

Conclusio: Die Ansteckungswege dieser realen Szene wurde von zwei unabhängigen Studien untersucht und auch hier spielte der Faktor Zeit plus physische Nähe sowie die schlechte Ventilation eine enorme Bedeutung. Die Familien an Tisch B und C speisten zur selben Zeit wie jene mit Patient 0, währen die Gäste des Tisches D sich zeitlich kaum überlappten (nur ca. 15 Minuten).

Die Forscher gehen davon aus, dass neben der physischen Nähe vor allem die Luftzirkulation der Klimaanlage eine kritische Rolle für die Ansteckungswege spielte, wo die Micro-Tröpfchen des infizierten Patienten 0 in die Luft gelangten und mit der Strömung verteilt wurden. Kein der Infizierten Personen hatten Kontakt miteinander, weder im Waschraum noch sonst wo (lt. Kameraauswertungen).

Prävention:

- Natürliche Belüftung
- leise Musik, damit lautes Sprechen vermieden wird
- Luftzirkulationen sollen vermieden werden
- Klimaanlagen immer mit Luftfiltern
- Physische Distanz vergrößern
- Falls möglich Außenaufenthalte

 

Szenario 3: Bus

- Eine Gruppe von 128 Buddhisten reiste mit zwei Autobussen zu einer religiösen Veranstaltung. Die Fahrt dauerte etwa 50 Minuten. Patient 0 war eine 64-jährige Frau ohne Symptome. Sie reiste an diesem Tag in einem der beiden Busse, wodurch sich 23 Personen ansteckten. Die Sitzreihen lagen 75 cm voneinander entfernt. Keine der Personen im anderen Bus wurde infiziert, obwohl die Reisenden beider Busse während der  religiösen Zeremonie untereinander Kontakt hielten und sich untereinander vermischten. Diese reale Ansteckungsszene wurde von einer amerikanischen Universität in Zusammenarbeit mit den chinesischen Behörden untersucht.

Conclusio: Die Klimaanlage im Bus war auf Zirkulation gestellt, was erklärt, warum sich die Personen ungeachtet der Nähe zu Patient 0 ansteckten. Einige Studien aus Japan belegen, dass in Transportmitteln keine erhöhte Ansteckungsgefahr bestünde, sofern die Passagiere die Hygiene- und Präventionsmaßnahmen (vor allem Nasen-Mundschutzmasken) verwenden.

Siehe auch

Geringe Ansteckungsgefahr in Flugzeugen? Ja, und zwar weil ...