Ausgabe Nr.
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J M upload 05.08.2018, Viva Edition 35 | Print article

Stand-Up Paddeln - dem "Suppen" auf der Spur

Es ist einer dieser herrlichen Samstage, an denen keine Wolke den strahlend blauen Himmel verdeckt, als wir uns auf Spurensuche des neuen Trendsport „SUPen“ begeben. In einer kleinen, von Touristen kaum frequentierten Bucht von Meloneras treffen wir auf den leidenschaftlichen Wassersportler Andrés. Er ist inzwischen einer von vier zertifizierten „SUP-Instructors“ auf Gran Canaria und will uns den Hype um diese neue Trendsportart ein wenig näher bringen. Auf den ersten Blick erfüllt er all die Klischees, an die wir bei Windsurfern automatisch denken. Braun gebrannt, langes Haar und ein Quentchen Abenteuer strahlt er aus. Geboren und aufgewachsen im wichtigsten Surfspot Pozo Izquierdo, wo jedes Jahr die Weltmeisterschaften ausgetragen werden, wurde auch er schon früh mit dem „Wasser-Wind-Wellen-Virus“ infiziert. Natürlich lockte es auch ihn an die Windsurfhochburgen, wie z. B. Hawaii. Doch die „wilden Zeiten sind vorbei“, wie es Andrés formuliert, und setzt stolz fort „Jetzt bin ich Daddy einer zweieinhalbjährigen Tochter.“ 

Vor etwa vier Jahren entdeckte er als Alternative das „Suppen“. Das steht für „Stand-Up Paddeln“ und bedeutet, dass man sich auf einem Board stehend mithilfe eines Paddels fortbewegt. Andrés ist begeistert ob der vielen Vorteile und vor allem aufgrund des „geringen Frus-trationspotentials“, wie er es formuliert und führt aus: „Im Vergleich zum Windsurfen, wo man viel Geduld haben und viele Frustrationen meistern muss, um es zu beherrschen, kann man SUPen binnen weniger Minuten lernen“, meint er. Noch lächle ich, glaube ich ihm das zu diesem Zeitpunkt auf gar keinen Fall.

Vom Wassersport der Könige zum Vergnügen für alle

Der Ursprung des Stehpaddelns geht auf polynesische Fischer zurück, die sich stehend in ihren Kanus fortbewegten. Auf Hawaii war es einst der Sport der Könige war und nur sie und einige von ihnen Auserwählte durften sich auf diese Art fortbewegen. Die Perspektive, wenn man auf dem Board steht, ist einfach eine andere, als schwimmend im Wasser. Trotzdem spürt man die Verbundenheit mit der Naturgewalt des Meeres wie kaum sonst. Hektik hat hier keinen Platz, sonst landet man im Nass. Ausgewogenheit und Ruhe sind für das SUPen die Erfolgsgaranten. Später, im 20. Jahrhundert, begannen die hawaiianischen Surflehrer sich in dieser Form fortzubewegen und das nicht nur weil es komfortabel war, sondern sie dadurch einen besseren Überblick über ihre Schützlinge hatten. 

Die Unabhängigkeit vom Wind sorgte dafür, dass sich Stehpaddeln zunehmend verbreitete und zu einer eigenständigen WasserSPORT:art entwickelte. Stand-Up Paddeln findet immer  mehr Anhänger in jeder Altersgruppe. Weil man die Faszination dieses SPORT:s am besten in der Praxis zeigen kann, entschließt sich Andrés kurzerhand für einen Ortswechsel. In der kleinen geschützten Bucht von Arguineguín herrschen beinahe immer geradezu ideale Bedingungen für Anfänger vor. 

Am Anfang steht das Trockentraining an

„Wer fragt, der führt“, scheint das Motto des Surflehrers zu sein, und plötzlich merke ich, dass nicht mehr ich diejenige bin, die die Fragen stellt. Der Aufbau einer persönlichen Beziehung zu jedem einzelnen seiner Schüler ist Andrés sehr wichtig, denn nur so kann sich das nötige Vertrauen aufbauen. 

Das hat er auch bei mir geschafft und so stecke ich, noch ehe ich mich versehe, in einem wasserfesten Anzug. Zum Glück gesellt sich noch eine andere Dame dazu. Es ist eine Bekannte  Adriana, die mit ihren beiden entzückenden Kindern für uns als „Model“ fungieren wird, und auch ihr Mann ist mit dabei.

Mitten auf dem goldfarbenem Sandstrand von Arguineguín baut also Andrés die Bretter auf, um mit dem „gar nicht grauen“ Theorieunterricht zu beginnen. Sein lustiges und gewinnendes Wesen lässt uns alle bald die neugierigen Blicke der Sonnenbadenden vergessen, und wir sind voll konzentriert bei der Sache. Mit vielen Fragen lockt uns der Surflehrer aus der Reserve. Was ist dies und jenes, und wozu mag es wohl dienen. Die Boards haben einen eigenen „Shape“ und scheinen viel Breiter zu sein. Auf dem Markt existieren welche mit einer Länge von 1,80 bis zu vier Metern. Es gibt sogar ein aufblasbares Board, dass nach der Benützung einfach wieder zusammengerollt werden kann und kein Spezialfahrzeug für den TranSPORT: benötigt (siehe Foto links). 

Aufs Brett und los ins Wasser

Jetzt geht es ins Wasser, und irgendwie schlägt mein Herz schneller. Natürlich will ich mich nicht blamieren, und so klettere ich „cool“ auf das Brett und tue es meiner Mitstreiterin Adriana gleich, allerdings weniger elegant. 

Irgendwie schaffe ich die erste Hürde und knie jetzt auf dem Board, oh wie wackelig. Ruhig bleiben und kaum atmen, damit ich nicht ins Wasser plumpse. Während die blonde Mitstreiterin schon majestätisch auf ihrem Board steht, bewege ich mich im Zeitlupentempo. Millimeter um Millimeter richte ich mich auf und es überkommt mich ein Glücksgefühl darüber, dass ich tatsächlich nicht gleich ins Wasser falle. Meine Hände klammern sich um das Paddel, und automatisch stochere ich im bodenlosen Nass, wahrscheinlich um Halt zu finden, wie es mir mein Instinkt befiehlt. 

Mal links, mal rechts ein wenig antauchend bewege ich mich kippelig und alles andere als flüssig langsam, sehr langsam, vorwärts. Die anderen sehe ich bald nur noch aus der Ferne (zum Glück), und so kann ich mich voll auf das Ausbalancieren und die Paddelbewegungen konzentrieren. Dass ein zehn Zentimeter hohe Minibrecher sich auf einmal zu einer unglaublich großen Hürde aufbauen könnte, habe ich bis dato nicht geahnt. Doch es ist so, und plötzlich lande ich im Wasser und muss über mich selbst lachen. 

Aufgeben kommt nicht in Frage und so krabble ich (wieder mit nicht vorhandener Eleganz) auf das Brett. Dieses Mal geht es besser, und nach wenigen Minuten scheine ich den Dreh herausgefunden zu haben. Richtig stolz paddle ich durch die Bucht mit entsprechendem Überblick und vielleicht auch mit ein wenig stolzgeschwellter Brust. Ich genieße die Ruhe und das Plätschern des Wassers rundherum. Nur beim Anblick der anderen setzt ein wenig Frust ein. Andrés und Adriana haben längst ihr Ziel erreicht, und nach einer 180 Grad-Wende noch immer im Stehen ihren Retourweg eingeschlagen.

Vom Stehpaddeln zum sup-pilates am board?

Und, was machen die denn da? Eine Gruppe „Stand-Up-Paddler“ sitzt und macht Übungen auf den Brettern. Andere liegen darauf und haben ihre Beine kerzengerade in die Höhe gestreckt. Das ist der neueste Trend und heißt „Stand-Up-Pilates“, wie ich danach erfahren sollte (siehe Fotos rechts oben).

Stand-up paddeln als regelmäßiger Sport

Andrés sind die touristischen „Massenabfertigungen“ zuwider, und seine Strategie sieht anders aus. Die Preise sollen für alle erschwinglich sein. Er will -  ähnlich wie heutzutage in Fitnessstudios üblich - ein monatliches Paket anbieten, und so das SUPen als regelmäßigen SPORT: aufbauen, nur mit dem Unterschied, dass man sich dabei in der freien Natur aufhält.

Meine Neugierde treibt mich dazu zu hinterfragen, seit wann Adriana eigentlich schon diesen SPORT: betreibt. Die unverhoffte Antwort gibt sie mit glänzenden Augen „Es war heute mein zweites Mal“. Auch bei meiner Fotografin Andrea und bei mir macht sich eine gewisse Lust auf SUPen bemerkbar, und wir werden es sicherlich wieder einmal wiederholen, doch dann ohne Fotoapparat und lästiges Schreibmaterial.

Es ist die Kombination aus Körpergefühl, Naturgenuss und auch Körpereinsatzes, der diese SPORT:art  immer mehr Anhänger verdankt. Und das Schöne dabei ist, dass Alter, Geschlecht, Gewicht und Größe keine Rolle spielen und diese Wassersportaktivität von der ganzen Familie gemeinsam genossen werden kann.

Viel Spaß beim Ausprobieren!

KONTAKT

Andrés, Autorisierter IO SUP Instruktor
Tel.: (0034) 660 256 367
(TranSPORT: gratis, span./englisch)
Facebook: Easy Surf Canaries