Es ist soweit. In der 157 Ausgabe meines Magazins Viva Canarias, bzw. nach unzähligen Interviews, Berichten und Restaurantempfehlungen, entführe ich Sie dieses Mal kulinarisch erstmals in meine Heimat Österreich. Wenn es auch schon lange her ist, die Kaiserzeit ist mit unzähligen Anekdoten und Legenden irgendwie noch immer präsent. Eine davon handelt von einer der beliebtesten Mehlspeisen: dem Kaiserschmarrn. Kaiser Franz Joseph I. soll Nachspeisen geliebt haben, wie z. B. ‚Palatschinken‘. Wenn diese zerrissen, zu dick waren oder einfach gemäß Hofkoch ‚nicht kaiserwürdig‘, dann war es eben ein ‚Schmarrn‘ ...
Die süße Lust zur deftigen Mehlspeise
Der Kaiserschmarrn ist eine sogenannte Mehlspeise, ein Begriff der nur in Österreich und Bayern verwendet wird. Er umschreibt meist deftigere (Nach)Speisen, die entweder als Hauptspeise oder als Nachspeise ‚kredenzt‘ werden können, wie z. B. Palatschinken mit Marillemarmelade (Pfannkuchen), Zwetschkenknödel mit Zimt und Zucker (Klöße mit Quetsche/Pflaume) und nicht zuletzt den hier erwähnten Kaiserschmarrn.
Mehl, Milch, Eier, Zucker und Salz - auch wenn das Rezept auf den ersten Blick banal einfach erscheinen mag, es ist es nicht. Ich versuche mich immer wieder in der Küche, sofern es meine Zeit zuläßt. Es ist in meinem Fall zwar immer ein ‚Projekt‘ - weil es mir als chronischer Workoholic an Routine mangelt - aber die Endresultate lassen sich manchmal durchaus sehen bzw. essen. Die Herausforderung beim Kaiserschmarrn liegt im Detail, die perfekte Ausgewogenheit der Grundzutaten und korrekte Zubereitung. Das geschlagene Eiweiß (Schnee) muss sanft untergehoben werden, damit die Masse schön luftig wird. Serviert wird er typischerweise mit ‚Zwetschkenröster‘.
Kaiserschmarrn auf Gran Canaria?
Doch wo kann man auf Gran Canaria einen ‚echten Kaiserschmarrn‘ essen? Im Restaurant Merlin in Playa del Inglés und noch viele weitere typisch österreichische Gerichte, wenngleich es auch ein entsprechend klassisches internationales Angebot gibt. Mehrmals habe ich mit verschiedenen Freunden im Restaurant gespeist, um andere Meinungen einzuholen und freue mich Ihnen nun diesen Viva Tipp zu präsentieren: Restaurant Merlin.
Zauberhaft im Restaurant Merlin
Harry und Edith führten das Restaurant mit viel Herz. Obwohl man sich bei einer typisch gutbürgerlichen Küche eine urige Einrichtung und ein einfaches Gedeck erwarten würde, ist es hier anders. Rustikales Flair mit viel Farbe und Anspruch. Stoffservietten und eine schön gedeckte Tafel, Vintage Bestuhlung und genügend Platz zum Essen und vor allem zum Tischnachbarrn.
Das Gastronomenpaar hat die Herzen ihrer Gäste in den letzten Jahren erobert und sie kommen immer wieder, wie sie mir erklären: „Wir haben zum Glück größtenteils Stammgäste, sonst hätten wir die ‚Thomas Cook Krise‘ der letzten beiden Monate viel stärker zu spüren bekommen.“
Harry, der Meister der Pfannen und Herr über das Feuer schaukelt die Küche sozusagen, versteckt sich aber nicht. Sie ist offen zum Gastraum, was mir sehr gut gefällt. Seine langjährige Routine als professioneller Koch macht sich bezahlt, denn er bewahrt kühlen Kopf, selbst wenn der Saal voll ist. Das ist ihm indirekt in die Wiege gelegt worden, denn Harry stammt aus einer österreichischen Gastronomenfamilie. Er kennt Extremsituationen durch seine jahrelange Tätigkeit in den Tourismushochburgen Österreichs, wie z. B. den Schiregionen Lech am Arlberg, Seefeld & Co sowie in der Sommersaison im schönen Velden.
Wie alles begann ...
Natürlich ist eine profunde Ausbildung eine gute Voraussetzung, um auch im Ausland erfolgreich zu sein. Doch man darf nicht erwarten, dass einem die goldenen Eier vom Himmel zufliegen. Das verlockende milde Klima der Kanaren und befreundete Bekannte, die hier ein Restaurant betreiben, ließ sie allen Mut zusammennehmen es zu wagen ins Ausland zu ziehen. Der erste Versuch scheiterte, denn sie ahnten nicht, was im Sommer auf sie zukommt bzw. was eben nicht auf sie zukommt. Beim zweiten Versuch landeten sie auf Fuerteventura, aber irgendwie wollte der Funken nicht so recht überspringen - Gran Canaria hatte das Herz schon vereinnahmt. Nach zwei Jahren zogen sie schließlich her. Es war eine schwierige Zeit für die ganze Familie, denn ihr Sohn Ben war erst fünf Jahre alt und musste plötzlich eine neue Sprache lernen. Heute ist er ein halber ‚Canario‘ und hat eine inzwischen zehnjährige Schwester, Lina, eine echte Kanarierin, wie mir Mama Edith schmunzelnd erzählt.
Zwei Köche verderben den Brei. Dieses Zitat war vielleicht die Motivation den Schritt zu wagen ein eigenes Restaurant zu eröffnen, wo Harry das Sagen in der Küche hat. Der Koch erinnert sich an diese schwere Anfangsphase zurück: „Wir waren noch nicht so lange da und sich im Ausland zurechtzufinden, zuverlässige Lieferanten zu finden oder qualifiziertes Personal, ist eine wirkliche Herausforderung. Da darf man nicht verzweifeln. Ganz am Anfang hatte ich noch kein Auto und musste täglich die schweren Einkäufe zu Fuß hertragen. Es war schrecklich. Die große Verantwortung als Vater zweier kleiner Kinder. Das will ich nie wieder erleben.“ Wird er auch nicht, wenn ich mir seine leidenschaftliche Schilderung dieser schweren Zeit anhöre. Jetzt läuft es gut und sie freuen sich über den hohen Anteil an Stammgästen.
Zauberhaftes im Restaurant Merlin
Die Auswahl der Gerichte ist groß und bietet für jeden Geschmack etwas, ob Fleischtiger, Nachkätzchen oder Gesundheitsfanatiker. Eines zieht sich durch alle Speisen - neben dem
technischen Können des Kochs auch die hochwertigen Zutaten. Es ist eben ein Unterschied. ob man Butter verwendet oder nicht, ob Saucen selbst gemacht werden oder Fertigmixturen zum Einsatz kommen. Nach mehreren Besuchen haben wir noch immer nur einen kleinen Ausschnitt der kulinarischen Köstlichkeiten probieren können, wie hier angeführt. Zur Orientierung listen wir Ihnen einige Gerichte samt Preisen auf:
... eine Auswahl
Ein Schweizer Koch sagte mir gegenüber in einem Interview einmal „Kapern sind nicht gleich Kapern“ sowie „Das wahre Können eines Kochs erkennt man an seinen Suppen und Saucen.“
• Als Suppenkasperl haben wir bei einer unserer Recherchen die „Frittatensuppe“ gekostet und man schmeckt einfach, dass die Consommé aus einer echten Rinderbrühe hergestellt wurde. Die kredenzte Frittatensuppe (also mit länglich geschnittenen Pfannkuchen als Einlage) ist ein wahres Highlight der traditionellen Küche (Foto 05).
• In die fein abgeschmeckte und raffiniert gewürzte Kartoffelsuppe mit Steinpilzen habe ich mich verliebt (5,90 Euro, siehe Foto 04).
• Kindheitserinnerungen kamen bei den köstlichen gebackenen Champignons auf (6,70 Euro, Foto 07).
• Mein Herz macht einen Sprung beim deliziösen Rindertartar mit Toastbrot (12,90 Euro)
• Auf dem Wunschzettel der Entdeckungstour steht noch der Gegrillte Ziegenkäse im Speckmantel mit Honig und Mandeln (8,90 Euro).
• Aus einem Tagesgericht wählten wir klassisch einen Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln und Speckbohnen, ein Hausmannskost-Hit (15,90 Euro, Foto 06)
Fisch
• Langostinos sind keine Besonderheit auf den Kanaren, doch ausgelöst und in Mandelbutter zubereitet mit Reis und Gemüse klingt unschlagbar (17,20 Euro)
Fleisch
• Um das Filet Mignon auf Cognacrahm mit Kroketten und Gemüse komme ich nicht herum, eine zauberhafte Kombination (18,90 Euro)
• Auch das Rinderfilet mit Gorgonzolasauce mit Kartoffelgratin und Gemüse klingt verheißungsvoll (18,90 Euro)
• Die Gegrillte Hühnerbrust auf Pilzsauce mit Reis und Salat (13,90 Euro, Foto 09)
• Wenn Sie noch nie ein echtes Wienerschnitzel gegessen haben, dann empfehlen wir es dort einmal zu probieren. Regelmäßig bietet es das Restaurant Merlin an. Dieses wird traditionell mit Kalbfleisch zubereitet und ist köstlich zart. Eine ‚Tunke‘ wäre für jeden Österreicher ein Affront.
Nachspeisen
• Der eingangs erwähnte wunderbare Kaiserschmarrn schlägt sich mit 12,90 Euro für zwei Personen zu Buche (Foto 01).
• Der traditionelle Apfelstrudel darf nicht fehlen (6,50 Euro) genauso wenig wie die Palatschinken mit Marillenmarmelade (5,50 Euro)
• Wer es fruchtig mag, dem steht das Zitronensorbet mit Wodka oder Sekt zur Verfügung (5,70 Euro) oder die heißen Himbeeren mit Vanilleeis (5,80 Euro)
Alles ist möglich
Im Restaurant Merlin werden neben den Gerichten aus der klassischen Karte täglich spezielle Tagesgerichte offeriert, wie z. B. gebackene Entenbrust in Himbeer-Portweinsauce mit Gratin und Gemüse oder der geschmorte Rinderbraten in Mostsauce mit Walnüssen, Pflaumen und Kroketten. Darüber hinaus offeriert Harry Spezialitäten auf Vorbestellung, jeweils ab zwei Personen, wie z. B. Paella, Chateau Briand oder die legendäre Merlin’s Schlemmerplatte, ein Tipp für unentschlossene ‚Viel-Esser‘.
Fazit
Das Restaurant Merlin ist eine empfehlenswerte Wahl, nicht für jene, die unter Heimweh leiden. Die Gerichte sind in hoher Qualität der Zutaten zubereitet und das zu sehr fairen Preisen. Das Ambiente ist heimelig und eignet sich hervorragend zur „Entschleunigung“ eines unterhaltsamen Abends mit Freunden. Die Wirte bitten um Tischreservierung.
Tipp: Sollten Sie den hier gepriesenen Kaiserschmarrn bestellen, dann haben sie etwas Geduld, denn er wird frisch zubereitet.
Wir wünschen guten Apetitt! Julija Major
Kontakt
Restaurant Merlin
Avda. de Tirajana Nr. 18 im Aptos. Lenamar, E-35100 Playa del Inglés, Gran Canaria
Geöffnet: Di. bis So. von 18.00 bis 24.00 Uhr, Montag - Ruhetag.
Tischereservierung empfohlen: Tel.: 928 766 041
