Besteht der Archipel nur aus ausländischen Exzentrikern und gescheiterten Existenzen? Es scheint so, wenn man die TV Formate ansieht, die über Menschen berichten, ohne sie im richtigen Licht darzustellen. Im Gegenteil, die Auswahl ist keinesfalls zufällig, genauso wie die gezeigten Bildschnitte bzw. Szenen. Bei uns hiesigen ausländischen Residenten mehren sich Gefühle wie ‚Fremdschämen‘ und Ärger darüber. Als unabhängiges qualitativ anspruchsvolles Magazin (wie ich meine) habe ich glücklicherweise die Freiheit eine andere Seite zu zeigen, wie Viva Leser wissen.
Die Erfolgreichen aus ihrer Zurückgezogenheit zu locken bedarf mitunter Geduld und Beharrlichkeit, denn sie bevorzugen oft, ihre Leben bedeckt zu halten. Nicht selten üben sie sich im Tiefstapeln. Fast zwei Jahre Überredungskunst kostete es mich, bis ich Ihnen eine dieser Persönlichkeiten präsentieren darf. Die Rede ist vom außergewöhnlichen Multitalent Volker Ferkau.
Weiter erfolgreich im Ausland
Seit 2013 lebt der 1955 geborene deutsche Autor, Radiomoderator und Musiker im Süden von Gran Canaria. Wenngleich wir befruchtende Fachgespräche führten, konnte ich die Persönlichkeit dahinter noch nicht richtig fassen.
Ich besuche ihn in seinem Zuhause. Braun gebrannt und tiefenentspannt öffnet mir Ferkau die Tür seines heimeligen schönen Zuhauses mit dem sensationellen Ausblick. Ja, hier lässt es sich angenehm leben, denke ich mir, während ich auf die zum Greifen nahe wirkende Meerkulisse blicke, deren Oberfläche an diesem Tag durch die herrlichen Sonnenstrahlen wie ein Diamantenteppich funkelt.
Am hübsch gedeckten Tisch wartet der duftende Kaffee schon auf seine Abnehmer und auch Kekse und Pralinen wurden kredenzt. Der Ausblick dürfte wohl nicht der einzige Grund gewesen sein, seinen Lebensmittelpunkt hierher zu verlagern. Mit seinen stechend blauen Augen beobachtet Ferkau sein Gegenüber interessiert und scheint sich ein Bild über den Menschen zu machen. Vielleicht ist das eine Voraussetzung, um verschiedene Charaktere für seine Bücher erschaffen zu können. Doch bei der Frage nach dem Warum gerät der Autor geradezu ins Schwärmen. „Ich bin glücklich über meine Entscheidung meinen Wohnsitz nach Gran Canaria verlegt zu haben. Seitdem ich hier lebe, habe ich mit den Einheimischen noch keine einzige negative Erfahrung gemacht. Schon sechs Monate nach meinem Umzug fühlte ich mich komplett angekommen“, leitet er unser Gespräch ein und fährt fort: „Irgendwann hatte ich keine Lust mehr jeden Tag zehn Stunden zu arbeiten. Die negative Grundstimmung sowie die Unfreundlichkeit meiner Landsleute ging mir auf die Nerven. Vor allem störte mich mehr und mehr das kalte Klima in doppeltem Sinn. Ich wünschte mir mehr Optimismus, weniger Negatives. Mit Mitte fünfzig konnte ich es mir leisten, ein wenig zurückzuschalten und mich professionell ausschließlich dem Schreiben zu widmen.“
Schreib-Gen von Kindheit an
Ferkau bringt mir eine Mappe mit fein säuberlich ausgeschnittenen Zeitungsartikeln, die von 1969 nach Datum sortiert sind. Wenngleich das Papier durch die Zeit ein wenig vergilbt ist, belegen diese sein Talent zum Schreiben und nicht nur das. Einige davon sind sogar von ihm illustriert. Fleiß zahlte sich aus, auch monetär. Schon als 14-jähriger hat Ferkau mit seinen Geschichten um die 30 DM Taschengeld im Monat verdient. „Das war zur damaligen Zeit viel Geld“, sagt er mit einem Funken aufkeimenden Stolz. Allerdings gab es auch Schattenseiten, denn seine immer größer werdende Beliebtheit brachte unter den Redaktionskollegen auch Neider auf den Plan, wie Ferkau sich erinnert: „Es war nicht schön, aber ich habe dadurch schon früh gelernt, wie die Welt funktioniert.“
Fantasy, Thriller und Liebesromane?
Erfolge begleiteten Ferkaus beruflichen Werdegang in einer Marketing- und Werbeagentur, als Verlagsleiter einer Zeitung und als Unternehmer. Das Multitalent verfügt sogar über eine musikalische Seite. Durch einen Zufall fiel ihm eine Mundharmonika in die Hände und schon nach kurzer Zeit konnte er darauf spielen. Manchmal ist er als Gastkünstler noch heute damit zu hören. Der Autodidakt lehrte sich selbst zudem Gitarre spielen. „Das war zu meiner Zeit eine große Herausforderung, denn es gab die heutigen technischen Mittel nicht. Ich legte eine Platte auf und wiederholte eine Sequenz so lange, bis ich sie nachspielen konnte.“
Von der Pike auf: Als Schriftsetzer auf einer ‚Heidelberger Maschine‘ lernte Ferkau wichtiges Basiswissen in der Herstellung von Druckvorlagen und auch, dass man Ästhetik lernen kann. Hier gebe ich ihm recht, doch bei der Fantasie verhält es sich anders.
Meine Bewunderung für seine schriftstellerische Arbeit stieg umso mehr, als Ferkau mir den Schaffensprozess seiner Bücher erläuterte: „Es fängt mit der Idee an, die ich dann aus dem Bauch heraus in Worte kleide. Das bedeutet, dass ich, so wie Stephen King, meine Romane ohne sogenanntes Exposé erstelle (Anm.: Eine Art Leitfaden für die Struktur des Buches). Erst wenn der erste Satz bzw. die erste Seite perfekt ist, dann tauche ich in die Geschichte ein. Manchmal weiß ich selbst noch gar nicht, wie es ab Seite 10 weiter gehen wird. Das bringt selbst für mich mitunter Überraschungen, für die Leser erst recht. Ich konstruiere sozusagen ‚on the flow‘ die Handlung. Und trotzdem hat jedes Buch Anfang, Mitte und Ende. Dabei jongliere ich mit bis zu sieben Handlungssträngen verschiedener Protagonisten. Mein Hirn funktioniert noch ziemlich gut.“
Meiner Meinung nach ist das die Untertreibung des Jahres, denn meine grauen Zellen versagen schon beim Namengedächtnis im alltäglichen Leben kläglich. Dazu kommt, dass Ferkau verschiedene Genre mühelos bedienen kann, vom Fantasy- und Liebesroman bis zum spannenden Thriller. Sein profundes Allgemeinwissen stammt mitunter aus seiner umfassenden Lektüre. Er führt mich, nicht ohne Stolz in seine Bibliothek und zeigt mir handverlesene Erstausgaben und dort gerate ich ins Schwärmen. Ich entdecke ein großes Repertoire: Literaturklassiker, wie z. B. Goethe bis hin zu Karl May, Cartoons und psychologischen Fachbüchern. Das erklärt für mich, warum er seine Charaktere so präzise beschreiben kann, denn er kennt die menschlichen Eigenschaften und Abgründe in allen Facetten.
Langes Denken, kurzes Schreiben
Der Denkprozess vor dem eigentlichen Schreiben dauert bei Ferkau am längsten, während die ‚Produktion ziemlich schnell geht‘, um es mit seinen Worten zu beschreiben. „Wenn ich beginne, ist die erste Seite das Schwierigste. Selbst wenn ich dreißig Mal beginne, solange diese nicht perfekt ist, geht es nicht voran. Danach arbeite ich konsequent und ohne großartige Pausen jeden Tag ausschließlich am Buch. Ich stehe in der Früh auf, schreibe, esse zu mittag und dann geht es wieder an den Schreibtisch, wo ich manchmal bis in die Nachtstunden sitze. Dadurch ist der Text für das Buch relativ schnell fertig, mitunter in wenigen Wochen. Anders geht es nicht, um mit den verschiedenen Handlungssträngen der verschiedenen Figuren nicht durcheinander zu kommen. Die Geschichten sind komplex und es erfordert höchste Konzentration. Während ich an einem Buch schreibe, lese ich nicht.“
Nach seinen Fantasyabenteuern und Belletristik wagte Ferkau den Wechsel ins Thrillergenre und veröffentlichte das Buch „In Liebe Dein Mörder“, das 2013 zum Thriller des Jahres in Deutschland wurde. Anlässlich des gegenständlichen Portraits habe ich es gelesen bzw. besser formuliert ‚verschlungen‘. Wenngleich dieser Thriller wahrlich nichts für schwache Nerven ist, kann man es nicht weglegen und selbst als ich fertig gelesen hatte, spukte die Handlung und die darin beschriebenen Personen noch Tage in meinem Kopf herum. Eine dramatische und spektakuläre Fortsetzung fand die Trilogie in „Sei mein Mörder“ und „Ich bin kein Mörder“.
„Der größte Irrtum vieler Leser ist, dass sie in der Handlung und den Charakteren in meinen Büchern parallelen oder autobiografische Elemente zu meiner Person assoziieren. Das hat mich oft amüsiert. Es handelt sich um fiktive Personen, die ich durch meine intensive Beschäftigung mit der menschlichen Psyche in unterschiedlichsten Ausprägungen entstehen lassen kann. Allerdings ist es klar, dass auch immer ein Teil Innenwelt des Autors durchscheint“, erklärt mir Ferkau mit Nachdruck.
Der Autor veröffentlichte zahlreiche Beiträge in Wochenendbeilagen, mehr als zwanzig Heftromane, die Fantasyserie „Mittland“ (dicke Schmöker) sowie die Thriller-Trilogie (allesamt Bestseller) unter seinem Namen. Wieso änderte sich das bei seinem Liebesroman „Ein Strauß voller Liebe“, den er unter dem Pseudonym Noel Aiden publizierte? (Anm.: sehr gute Kritiken besonders aufgrund der ungewöhnlichen Perspektive einer Beziehung). Ferkau erläutert: „Man hätte mir einen romantischen Liebesroman nach der Thriller Trilogie und meiner Fantasyreihe einfach nicht abgenommen und der große Erfolg gab meiner Entscheidung recht.“
Radiomoderator - auch noch ‚nebenbei‘
Ferkau erzählt mir über seine Moderatorentätigkeit: „Radio Luxemburg wollte mich gerne haben, aber das Angebot habe ich nicht angenommen. Durch einen Zufall kam ich zum größten deutschsprachigen Radiosender Mix Radio FM 101.1 & 104.8 FM.“ Er hat dort zwei Sendungen: „Capucchino“ (montags und mittwochs von 14.00 bis 16.00 Uhr) und „Ferkau exklusiv“ (freitags, von 19.00 bis 21.00 Uhr). Seine Affinität zur Musik kann er dabei voll ausschöpfen. Mit viel Liebe und Ehrgeiz bereitet er sich gewissenhaft für jede einzelne Sendung vor, wie ich erfahre. „Ich mache Radio der alten Schule. Die aufwändige Moderation bedarf viel Vorbereitung, aber ich will den Zuhörern Musik präsentieren, die man sonst nie im Radio hört. Viele Tracks davon stammen aus meiner eigenen Sammlung“, erklärt mir Ferkau.
Das private Glück
Privat fand Ferkau sein Glück mit Tina, die sein Leben an der Sonne wertvoll bereichert und seine künstlerische Muse ist. Sie kannten sich schon seit acht Jahren, doch sollte es damals einfach nicht sein. Sie gingen unterschiedliche Wege, verloren sich aber nie aus den Augen.
Das zog sich wie ein ‚Silberfaden‘ durch, wie es Ferkau formuliert hat. Und dann hat es eines Tages ‚zoom gemacht“ und die Beiden erkannten, dass sie endgültig zusammen gehören. Tina hat inzwischen ihre Brücken in Deutschland ebenfalls aufgegeben und lebt nun mit ihrem Volker auf Gran Canaria … Sie wäre für ihn auf den Mond geflogen, wie ich erfahre. Ihre ‚heilige Grillstation‘ ist endlich auch angekommen und bald wird sie den Kreativen mit ihren Köstlichkeiten am Grill verwöhnen können. Es ist nie zu spät für ein Happy End in der Liebe - eine schöne Weihnachtsgeschichte.
Ferkaus Fangemeinde wünscht sich seit langem, dass die Thrillerreihe weiter geht, doch ihm fehlte einfach die zündende Idee, um sie fortsetzen zu können. Nach so einem Erfolg liegt die Messlatte der Leser entsprechend hoch und Ideen kann man nicht erzwingen.
Thriller Trilogie: Oder doch eine Tetralogie?
Ferkaus’ Kreativität scheint beflügelt worden zu sein, denn er gab Viva Canarias gegenüber zu, durch seine Muse Tina endlich Kraft und Inspiration gefunden zu haben, um an einem vierten Teil der Mörder-Reihe zu arbeiten, was ihm jahrelang zuvor nicht gelungen ist.
Der Roman hat schon ein Cover und einen Buchtitel: „Mein Freund, der Mörder“ (siehe linke Seite). Er wird voraussichtlich im Sommer 2019 erscheinen. Wir sind gespannt ...
Anm. d. Red.: Die Bücher sind über Amazon erhältlich, auch als eBook. Allerdings müssen sie ggfs. unter verschiedenen Namen suchen (Volker Ferkau, Noel Aiden).