Ausgabe Nr.
Ausgabe Nr.
J M upload 03.03.2023, Viva Edition 197 | Print article

Wandern zwischen Liebesnestern: Sturmtaucher & Co.

Jeden Winter strömen hunderttausende europäische Touristen nach Gran Canaria und verfolgen den Flug von Zugvögeln wie Reihern und Störchen. Hunderte von Vogelarten überfliegen, schweben, gleiten und flattern im kanarischen Luftraum und sorgen oft für fröhliche Musik in ihren Lebensräumen, wie z. B. steilen Klippen, Pinienwäldern oder dunklen Lorbeerwäldern. Von den 105 Vogelarten, die auf dem Archipel ihr Liebesnest bauen, sind 7 endemisch.

Aber das schönste Liebesmärchen wird sicherlich von der „pardela cenicienta“ oder „Aschenputtel-Sturmtaucher“ geschrieben. Der obere Teil ihres Gefieders ist dunkelbraun und aschgrau – daher der Märchenname auf Spanisch. Sein offizieller holländischer Name ist „Scopoli´s Sturmtaucher“, wobei sich der Teil „Scopoli“ auf einen österreichischen Naturisten und Vogelbeobachter aus dem 18. Jahrhundert bezieht. Der englische Name „Shearwater“ oder deutsche Name „Sturmtaucher“ kommt von der Flugweise der Vögel, bei der sie mit steifen Flügeln über die Wellenkämme gleiten. Der deutsche Name „Gelbschnabelsturmtaucher“ ist ein wahrer Zungenbrecher, aber so präzise die deutsche Sprache ist, spricht der Name für sich.

Seevögel

Las Pardelas verbringen den größten Teil ihres Lebens auf See (pelagisch). Sie schwimmen, schlafen und essen auf dem Wasser. Auf der Speisekarte stehen Hummer, Garnelen, Sardinen, aber sie fressen auch Abfälle von Fischereischiffen. Den Salzüberschuss, den sie beim gierigen Fressen zu sich nehmen, verdanken sie der Nasenröhre. Die Seevögel gehen nur ans Land, um sich fortzupflanzen. Sie gehen ungeschickt und unbeholfen, was sie in Tierra in eine schwache Position bringt. Las Pardelas sind sich dieser Schwäche bewusst und gehen daher bei Landgängen mit großer Vorsicht vor. Der Feind lebt an Land! Katzen, Ratten und Menschen stellen eine Bedrohung dar, wobei der Homo sapiens mit seiner Lichtverschmutzung, Flugzeugen, Windmühlen usw. der tödlichste Angreifer ist.

Nachtzauber

Las Pardelas warten darauf, dass die Welt schläft und rollen dann ihren Aktionsplan aus. Bei Einbruch der Dunkelheit nähern sie sich in großen Kolonien der Küste, um eine Stunde nach Sonnenuntergang wie ein Armeetrupp an Land zu gehen. Sie kündigen ihre Invasion mit einem lauten, gespenstischen Ruf an. Das Geräusch, das sie machen, das dem eines weinenden Kindes oder einer Katze in Not ähnelt, ist tatsächlich der Grund, warum der Scopoli-Sturmtaucher auf den Inseln auch als Guaña-Guaña und Llantina oder „Heulsuse“ bekannt ist. Während ihre Schreie den Nachthimmel erfüllen, beleuchtet das reflektierende Mondlicht ihre weißen Unterbäuche und macht die Magie der Natur greifbar!

Gewohnheitstier

Die Nester befinden sich normalerweise in Küstennähe, wenige Meter von der Wasserlinie entfernt. Das Nest ist ein Loch im Boden oder eine Felsspalte. Außerdem entscheiden sich die Pardelas immer für eine vertraute Umgebung und kehren daher immer wieder an ihren Geburtsort zurück. Die Vögel sind zudem monogam und bleiben jahrelang zusammen, manchmal sogar ihr ganzes Leben lang.

Die Gelbschnabelsturmtaucher legen ein Ei und das Küken schlüpft im Mai und bleibt ca. drei Monate im Nest. Beide Elternteile brüten und kümmern sich um ihr Küken. Während das Männchen brütet, geht das Weibchen auf Futtersuche und versorgt die Familienmitglieder - oder umgekehrt.

Im Sommer verlassen die Eltern das Küken und warten auf dem Ozean auf die Ankunft ihrer Jungen. Der Hunger treibt das junge Küken dazu, das Nest zu verlassen.

Völlig orientierungslos macht er seinen ersten Versuche nachts und bei Vollmond. Auf See freuen sich Vater und Mutter pardela auf die Ankunft ihrer Jungen und am Quietschen erkennen sie ihren Nachwuchs. Der junge Sturmtaucher tritt in die Fußstapfen seiner Eltern und der Kreis schließt sich wieder!

Wanderung im März 2023

Die Westküste Gran Canarias ist praktisch unbebaut und ein idealer Brutplatz für Sturmtaucher. Zwischen Februar und November hallt ihr Ruf nachts am kanarischen Sternenhimmel wider.

Gemeinsam mit einem Ornithologen wandern wir am Mittwoch, den 8. März am frühen Abend entlang der Klippen von La Aldea, wo die Sturmtaucher ihre Liebesnester bauen. Wenn die Sonne hinter dem Horizont versinkt und der Vollmond den schwarzen Himmel mit einem milchigen Schleier bedeckt, ertönt der überwältigende Ruf der Sturmtaucher! Dieses einzigartige Naturphänomen entführt uns zurück in die Romantik der Natur!   

Sofie Hendrikx