Nachdem die spanischen Konquistadoren die Kanarischen Inseln Ende des 15. Jahrhunderts erobert hatten stellten sie fest, dass die Ureinwohner den edlen Saft der Weintraube nicht kannten. Nachdem die Spanier auf ihren beliebten Genuss-Trunk nicht verzichten wollten, begannen sie zügig mit dem Weinanbau. Dieser gedieh prächtig und bereits kurze Zeit später nippte man am Hofe am beliebten Malvasier, der unter dem Namen „Canary“ bekannt wurde. Die kanarische Weinproduktion musste viele Auf und Abs hinnehmen sei es aufgrund des portugiesischen Portweins oder der Schädlinge bis Anfang des 19. Jahrhunderts die Produktion fast gänzlich zum Erliegen kam. Doch heute ist das alles anders, dank qualitätsbewusster engagierter Winzer und dem gestiegenen Selbstbewusstsein der Canarios. Heute werden kanarische Weine in fast jedem Restaurant angepriesen und so auch dem Touristen schmackhaft gemacht. Exportiert wird nicht mehr nur auf die anderen Inseln oder aufs Festland sondern auch in die USA, nach Großbritannien, Irland oder Deutschland.
In unserer letzten Ausgabe entführten wir Sie auf die „Ruta del Vino“ von La Gería, die schönste und außergewöhnlichste Weinstraße der Kanaren mit der eigentümlichen Anbauweise im Vulkangestein. Dieses Mal wollen wir mit Ihnen auf Erkundungstour der Weinproduktion von San Bartolomé de Tirajana gehen.
Zweitgrößter Weinanbau auf Gran Canaria
Die meisten Touristen der Insel Gran Canaria hat diese Gemeinde seinen schönen Sandstränden zu verdanken. Doch wer nur wenige Kilometer ins Landesinnere zum Hauptstädtchen Tunte fährt, der entdeckt noch eine ganz andere Welt. In dieser Gegend werden nicht nur die meisten Aprikosen angebaut, sondern auch Wein. Nach San Mateo ist die Weinproduktion in San Bartolomé de Tirajana die zweitgrößte auf Gran Canaria. Von den insgesamt 200 Hektar Weinanbauflächen befinden sich zehn Prozent bzw. 20 Hektar genau hier.
Wieder ist es der Agrarexperte Juan Carlos Gomez Aranda, der uns zu einer Weinexkursion entführt. Es ist heiß, sehr heiß an diesem Tag und so brechen wir schon früh morgens auf. Bei Tunte folgen wir kurz dem Straßenverlauf und bieten dann rechts auf eine holprige Schotterstraße ab. Ohne Begleitung könnte man den Weg zu dieser Finca kaum finden denke ich mir, während das Auto schaukelnd den feinen Staub aufwirbelt und freue mich, dass uns die Klimaanlage im Wagen mit kühler Luft versorgt. Nach etwa fünf Minuten erreichen wir unser Ziel.
Erste Weinlese des Jahres
Das typisch kanarische Gebäude mit seiner mit Stein gespickten Fassade ist schon von der Ferne zu sehen. Auf einem Hügel thront die Finca über seinen terrassenförmig angelegten Weinanbauflächen. Dazwischen erheben sich Olivenbäume um Palmen empor. Vor einigen der Terrassen stapeln sich blaue Kunststoffkisten. Als wir endlich aussteigen merken wir, wie heiß es inzwischen geworden ist und das um 9.30 Uhr.
Die Lese läuft auf Hochtouren, die allererste dieses Jahres. Mehrere Männer mit schweißgetränkten Hemden pflücken noch die letzten Reben und platzieren sie vorsichtig in die blauen Kästen. Müde, aber glücklich von der vollbrachten Arbeit haben sie trotzdem Sinn für das eine oder andere Schwätzchen. Auf ihren Köpfen tragen sie Hüte, Kappen oder Tücher zum Schutz vor der gleißenden Sonne. Bald machen sie Schluss für heute. „Zur Haupterntezeit beginnen sie manchmal mitten in der Nacht. Es ist nicht gut zu ernten, wenn die Trauben zu warm sind“, erklärt José. Gepflückt wird auch nicht alles auf einmal.
Spezialisten legen fest, wann geerntet wird
Dieses kleine Weingut ist eines von insgesamt zwanzig Mitgliedern der Bodegas Tirajanas wo zentral alle Trauben hin geliefert und, je nach Rebsorte, weiterverarbeitet werden. Aber dazu später.
Ein Spezialist der Weinkellerei legt fest welche Traube wann geerntet wird. Dabei werden bestimmte Kriterien überprüft, wie z. B. der Zuckergehalt. Erst wenn alles passt dürfen die Landwirte die entsprechenden Bereiche pflücken. Direkt von hier fährt dann der beladene Lieferwagen mit den Kisten voller Trauben in die Weinkellerei, so wie auch wir.
„Weinmikrokosmos“ - wenig Platz, viele Sorten
Aufgrund der geografischen Situation ist der Weinanbau sehr schwierig. Das Gelände ist oft sehr unwegsam und weist viele Höhenunterschiede auf. Nur auf kleinen, eigens an gelegten Terrassen können daher die Reben gepflanzt werden, davon aber viele verschiedene Sorten. Im Vergleich zu anderen Weinregionen der Welt gibt es eine große Vielfalt der angebauten Traubensorten, erklärt Juan Carlos. Es ist eine Art „Wein-Mikrokosmos“, wie er es formuliert. Zu den Hauptsorten zählt die Malvasía volcánica.
Keine fünf Minuten mit dem Auto entfernt liegt die größte Weinkellerei im Süden der Insel, die Bodegas las Tirajanas de San Bartolomé de Tirajana. Uns empfängt die quirlige und sehr herzliche Anna. Vielleicht gesellt sich zum Naturell der Direktorin ein wenig Nervosität dazu, denn es ist der erste Tag der Weinlese in diesem Jahr und entsprechend muss dies oder jenes abgestimmt und koordiniert werden. Normalerweise gibt es keine großen Überraschungen, denn sie bestimmen ja von welchem Bauern welche Trauben wann angeliefert werden. Also wissen sie was wann auf sie zukommt.