Versunkene Wracks sind mehr als Müll unter Wasser. Dahinter stehen Tragödien und sie sind stumme Zeitzeugen historischer Ereignisse, Kulturgut von unschätzbarem Wert. Schatzsucher vermuten das dicke Geschäft, zurecht. Auf internationalem Niveau kooperieren immer mehr Länder mit privat finanzierten Unternehmen und Suchexpeditionen und teilen sich anschließend die Funde. Alleine über Havanna wurden im "Goldenen Zeitalter" über vier Mio. Tonnen Gold und Silber nach Spanien verschifft und viele Schiffe sind alleine auf dieser Route gesunken. Die UNESCO legte in einer Konvention aus dem Jahr 1972 fest den Schutz von Wracks fest.
Auch in Kanarischem Gewässer finden sich Wracks und es sind nicht immer nur Schiffe. Auch ein U-Boot und ein Militärflugzeug fanden hier ihre letzte 'Ruhestätte'.
„Für die Taucher ist es ein aufregendes Erlebnis entlang der Reling zu schweben oder sich an den Bug „zu stellen“ und sich vorzustellen, wie hier einst das Leben an Bord ausgesehen haben mag“
sagte uns Mareike Müller, die Leiterin der ältesten Tauchschule auf Gran Canaria, dem Diving Center Nautico in San Agustín.
Wracks in Kanarischen Gewässern
(Auszug)
Über hundert versunkene Schiffe aus verschiedenen Epochen befinden sich alleine im Gewässer vor Gran Canaria. Davon sind einige offiziell als Tauchplätze freigegeben. Auch vor Fuerteventura und vor allem vor Lanzarote liegen Wracks. Jedes einzelne Schiff hat seine Geschichte, weshalb manche davon auch für Archäologen von großem Interesse sind. Im Laufe der Zeit hat Mutter Natur diese Fremdkörper in Besitz genommen und so sind diese Spots auch für Biologen von enormer Bedeutung.
• Gáldar (1650)
Im Jahr 1650 sank die Fregatte Galeón aufgrund eines großen Wellenschlags in El Agujero vor Gáldar. Das aus Holz bestehende Schiff ist im Laufe der Jahrhunderte mit dem Meeresboden verschmolzen und vollständig verkrustet. Anemonen, Schwämme und viele kleine Fische fühlen sich dort wohl. Es liegt in einer Tiefe von nur 4 bis 7 Metern, ist aber aufgrund der starken Wellengänge schwer zu tauchen. Die Galeón wurde von der Inselregierung zum Kulturgut erklärt.
• Alfonso XII (1875)
Das stattliche Dampfschiff „Alfonso XII“ zählte zur Flotte der spanischen Firma „Transatlántico“ und wurde 1875 gebaut. Es sank am 13. Februar 1885 und liegt in der Bucht Gando vor Arinaga. Es liegt auf einer Tiefe von 45 Metern und ist als mittelschwerer Tauchgang kategorisiert. Allerdings liegt sie in einem militärischen Sperrgebiet und somit ist ein Tauchgang ohnehin nur mit einer Sondergenehmigung möglich.
• Ballester (1909, Fuerteventura)
Die Ballester fuhr unter griechischer Flagge und sank mit seiner Ladung aus Eisenabfall am 22. August 1909 ebenfalls in einer wenig erforschten Meereszone in der Nähe des Leuchtturms vor Jandía. Inzwischen ist sie mit Korallenbevölkerungen übersät. Das Tauchen ist aufgrund der Tiefe, der starken Strömungen und der eingeschränkten Sicht nur selten möglich.
Unterwasserfriedhof vor Las Palmas de Gran Canaria
In den letzten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts wurden viele Fischereiboote von ihren Eigentümern an den Docks des Hafens von Las Palmas zurückgelassen. Manche von Ihnen wurden schließlich versenkt. So war es mit dem koreanischen Schiff Se Yang im Jahr 1979. Viele Wracks sind heute, wie schon erwähnt, eine Art Unterwasserhotel für die Meeresfauna und -flora. Die Se Yang ist übrigens aufgrund der Tiefe von 55 Metern nicht zum Tauchen zu geeignet.
• Deborah (1975)
Eine Explosion im Maschinenraum des einstigen Fischerbootes Deborah brachte es 1975 in der Nähe des Docks Reina Sofia im Hafen der Hauptstadt zum Sinken. Es wird landläufig als die kleine Kalais bezeichnet. Sie liegt in der Einzugsschneise der neuen Hafenmole und ist daher für Tauchgänge zu gefährlich (nicht gestattet).
• Arona (1978)
Die Arona der Firma Carguero de Surnava S. A. fuhr vom Süden nordwärts, als es im Jahr 1978 Feuer fing und Wasser eindrang. Der Frachter kippe schließlich zur Seite und sank vor Jínamar südlich von Las Palmas. Das Wrack liegt auf sandigem Boden in einer Tiefe von 28 bis 36 Meter und ist in einem sehr guten Zustand geblieben.
• Kalais (1979)
Mit Zement aus Nigerien beladen sank die Kalais im Jahr 1979 unter griechischer Flagge aufgrund eines Maschinenschadens. Sie liegt aufrecht in einer Tiefe von etwa zwanzig Metern ebenfalls in den Gewässern vor der Hauptstadt. Zu sehen sind mitunter Ruffhummer, Muränen, Lippfische, Glasaugen und Papageienfische. Mit 110 Metern Länge ist es sicher das größte Wrack vor Gran Canaria.
• Militärflugzeug DC3 (1971)
Im Jahr 1971 kam es vor der Playa de Vargas bei Las Palmas zu einer anderen Tragödie, als das spanische Militärflugzeug Douglas DC3 etwa drei Minuten nach seinem Start in Gando aufgrund eines Motorausfalls abstürzte und im Meer vor der Hauptstadt aufschlug. Es liegt in einer Tiefe von 34 Metern und wird von verschiedenen Fischschulen bevölkert und ist von Algen überwuchert. Manchmal sieht man auch Schildkröten, Delfine oder Thunfische.
• Cermona II (2002)
Das Fischereischiff Cermona II sank im Jahr 2002 in der Nähe des Sporthafens von Puerto de Mogán und ist heute ein Touristenmagnet. Es ist überwuchert mit Algen und anzutreffen sind Krustentiere, Fischschwärme sowie Mollusken (Weichtiere). Das Wrack ist immer auch von Schwärmen von Gelbflossengrunzern umgeben.
Für Familien oder weniger geübte Tauchgänger bieten die beiden Wracks „Cermona II“ sowie die nahe gelegene „Alegranza“ vor der Küste von Mogán eine gute Möglichkeit dieses Abenteuer doppelt zu genießen. Sie liegen auf nur etwa 18 Metern Tiefe und können bequem zusammen erkundet werden.
• U-Boot in Sicht
Ein amüsantes Erlebnis ist das Zusammentreffen mit dem touristisch ausgelegten U-Boot „Yellow Submarine“, das seine Besichtigungstouren auch zu diesen Wracks unternimmt. Dann fotografieren sich mitunter Taucher und U-Boot-Gäste gegenseitig.
• Angela Pando (1986)
Angela Pando sank 1986 mit 12.000 Tonnen Ladung (pulverisiertem Eisen) kurz nach dem Verlassen des Hafens Puerto de la Luz vor Las Isleta.
Fazit: Die Tauchmöglichkeiten sind auf den Kanaren abwechslungsreich und zu jeder Jahreszeit möglich. Die Sichtweiten hängen von der Tauchtiefe sowie der Stärke des Wellengangs ab.
Wer Wracktauchen möchte, der muss unbedingt einen Profi einschalten, der weiß welche Wracks erstens sehenswert sind und zweitens offiziell betaucht werden dürfen. Sicherheit geht vor! Wer mit seiner Familie anreist, der hat verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl. Eine Variante wäre, sich einen entsprechend leichten Tauchspot zu suchen oder einen Spot, wo die Familie am Strand „geparkt“ werden kann während man der Leidenschaft unter Wasser nachkommt.
Anm.: Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Mareike Müller erarbeitet, da sie wöchentlich Wracktauchgänge durchführt.
KONTAKT
Diving Center Nautico, IFA Interclub Atlantic
Mareike Müller (Inhaberin)
c/Los Jazmines 2 in 35100 San Agustín, Gran Canaria
Tel.: 620 947 753 und 928 778 168
www.divers-web.de
Siehe auch Versenkte Kunst von Jason de Caires Tailor, Unterwassermuseum