Viva Canarias Online 12.10.2021 | Bei der gestrigen Tagung des vulkanologischen Lenkungsausschusses PEVOLCAN wurde der Status der aktuellen Lage berichtet.
Status Quo
612 ha zerstörte Fläche, davon 169 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche (Bananen- und Avocadoplantagen, Weinanbau und Avocado)
753 Gebäude (620 Privatwohnungen und -häuser, 29 Industriegebäude, 19 Gastronomie und Hotellerie, 7 öffentliche Gebäude und 70 in der Landwirtschaft)
Weitere 600 - 700 Personen evakuiert, insgesamt knapp 7.000.
Eruption im Detail
Da es sich bei der Eruption auf La Palma um einen strombolianischen Vulkantyp handelt, wechseln sich aktive und passive Emissionszeiten ab. Vorige Woche entsprachen diese einer Stärke 2 „explosiv‟ der 8-stufigen Skala VEI* gemessen. Durch die enormen Mengen an eruptierten Pyroklasten verändert sich die Morphologie des Kegels ständig. In wenigen Tagen wurchs dieser auf 150 m an, brach teilweise ein und wächst wieder bzw. gleiches wiederholst sich an anderen Erupionszonen mit Lavaströmen.
*VEI Vulkanexplosivitätsindex (volcan explosivity index):
0 = effusiv, 1 = mild, 2 = explosiv, 3 = heftig, 4 = zerstörerisch, 5= paraxysmal (plötzlich auftretend), 6 = kolossal, 7 = superkolossal und 8 = megakolossal (z. B. Yellowstone in den USA)
Lavaströme
1. Lavastrom: Das originäre Emissionszentrum am Vulkankegel spuckt weniger Material aus und der daraus Richtung Todoque fließende Lavastrom, der die Küste erreicht hatte, ist praktisch zum Erliegen gekommen. Dies wird u. a. durch Messungen des pH-Werts des Meerwassers sowie submariner Videoaufnahmen bestätigt.
2. Lavastrom: Der zweite nordöstlich des originären Emissionszentrum gelegene Lavastrom hat ebenfalls an Kraft verloren. Durch die Position und Fließrichtung entstanden dabei enorme Schäden in Wohngegenden sowie in der Landwirtschaft. Durch den zweiten Lavastrom hat sich die vom Lavastrom betroffene Oberfläche ausgeweitet und zwar vom Camino de Cruz Chica am Camino Nicolás Brito Pais bis zum Cruze an der LP-213 (Las Martelas – Casa Kiko) und zieht sich bis zum Küstenstreifen auf Höhe Puerto Naos. Dadurch mussten vorsorglich weitere 700 bis 800 Personen in der Zone von La Laguna in der Gemeinde Los Llanos de Aridane evakuiert werden. Dabei wurden Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit priorisiert.
3. Lavastrom: Dieser fließt deutlich schneller und führt mehr Material mit sich. Der Lavastrom hat Callejón de La Gata passiert und bewegte sich in Zonen, die bisher noch nicht umfassend evakuiert wurden, z. B. La Laguna. Er bewegt sich in Richtung Küste und befindet sich etwa 200 m von der Klippe entfernt, allerdings hat die Fließgeschwindigkeit deutlich abgenommen.
Delta
Das Delta an der Westküste, das sich durch den Lavaeintritt im Meer an der Playa de Los Guirres gebildet hat, scheint nicht weiter zu wachsen. Diese Daten werden durch submarine Videoaufnahmen sowie Messungen der Temperatur und des pH-Wertes bestätigt. Der dadurch entstandene Landzuwachs beträgt über 40 ha.
Die seismischen Aktivitäten konzentrieren nahe der Eruptionszone mit einem Epizentrum von 10 bis 15 m unter der Erde. Weitere Fernbeben in einer Tiefe von 20 km wurden registriert. Die Höchstwerte der Erschütterungen lagen bei 4,1 auf der Richterskala.
Gas- und Vulkanasche-Emissionen
An der Küste, wo der Lavastrom ins Meer fließt, bildet sich eine weiße Wasserdampfsäule, die in die Atmosphäre entweicht und sich auf einer Höhe von ca. 3.500 m befindet.
Schwefeldioxidemission (SO2): Diese bleiben sehr hoch und der Ausstoß stieg auf 21.868 t/täglich. Die höchste Konzentration wurde am Vortag gemessen mit 830 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (µg/m3).
Kohlendioxid (CO2): Konzentrieren sich im Umfeld der Eruptionszonen und nehmen eine Fläche von 220 km2 ein mit einer geschätzten Menge von 1.844 t/täglich. Die höchsten Werte wurden rund um Fuencaliente gemessen.
Feinpartikel (PM10 und PM2,5): Die höchsten Konzentrationen wurden in der Zeit von 9.00 bis 12.00 Uhr registriert. Die Messstation in Los Llanos de Aridane ergab Werte von 225 µg/m3.
Die Messungen erfolgen laufend und werden im täglichen Meetings des Lenkungsausschusses bei vulkanologischen Krisensituationden PEVOLCA analysiert und entsprechende Maßnahmen abgeleitet.
Glossar
µg/m3 -Mikrogramm pro Kubikmeter Luft
SH2 Schwefelwasserstoff - sulfuro de Hidrógeno
SO2 Schwefeldioxid - dióxido de azufre
CO2 Kohlendioxid - dióxido de carbono
HCI Salzsäure - ácido clorhídico
Die Luftqualität ist auf der Seite der Kanarenregierung jederzeit einsehbar.
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Quellen:
Gobierno de Canarias vom 12.10.2021, PEVOLCA Bericht vom 12.10.2021
- Leiter PEVOLCA Lenkungsausschusses: Julio Pérez (Gobierno de Canarias, Ministerrat für Öffentliche Verwaltung, Justiz und Sicherheit)
- Einsatzleiter PEVOLCA: Miguel Ángel Morcuende
- Pressesprecherin des Wissenschaftskomitees und Direktorin IGN (Instituto Geográfico Nacional) mit Sitz auf den Kanaren: María José Blanco
Siehe auch
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