Ausgabe Nr.
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J M upload 02.01.2024, Viva Edition 207 | Print article

Wasserbewirtschaftung Kanaren: speichern, entsalzen & Co.

Wasser ist insbesondere auf den Kanarischen Inseln ein überaus wertvoller Schatz, nachdem es von Jahr zu Jahr weniger regnet und der Kampf gegen die Wüstenbildung immer härter wird.

Der Wasserbedarf (Trinkwasser sowie Agrarwirtschaft) könnte ohne die vielen Speicher (Stauseen, Pozos etc.) sowie den Meerwasserentsalzungsanlagen, die mehr als die Hälfte des Bedarfs liefern, nicht gedeckt werden. 

Der Tourismus ist zwar eine wichtige Säule der hiesigen Wirtschaft und trägt 35,5 Prozent zum regionalen BIP bei,1) doch hat die Medaille auch eine Kehrseite. Die Infrastruktur muss viel größer dimensioniert sein und wird überproportional genutzt, wie z. B. Krankenhäuser, Straßen, Gastronomie und natürlich das Wasser. Immerhin gesellen sich zu den 2,1 Mio. Einwohnern auf den Kanaren alljährlich knapp 18 Mio. Touristen aus dem Ausland sowie dem spanischen Festland dazu. Diese Gruppe allerdings verbraucht pro Person dreimal so viel Wasser im Tagesdurchschnitt wie die hiesigen Bewohner.

Spanien: Europas Pionier in Meerwasserentsalzungsanlagen

Im Jahr 1964 wurde Europas erste Anlage just auf Lanzarote installiert, also auf jener Insel, die noch heute zur Deckung ihres Wasserbedarfs zu hundert Prozent von der Entsalzung abhängig ist wie auch Fuerteventura. Die Meerwasserentsalzungsanlagen sind zur Trinkwassergewinnung auf den Kanarischen Inseln essenziell. Auf Gran Canaria liegt der Wert bei 86 % und auf Teneriffa bei 47 %. Durch die Pioniertätigkeit hat sich das Land eine profunde Expertise auf dem Gebiet der Wasseraufbereitung und -entsalzung angeeignet. Letzterer ist technologisch äußerst komplex und aufwändig. Faktoren, wie z. B. Salzgehalt, beeinflussen den Vorgang.

Eine große Herausforderung bei der Meerwasserentsalzung ist, die Reduktion des benötigten Energiebedarfs für die Produktion sowie der Einsatz von umweltfreundlicheren Technologien für eine nachhaltige Umweltbilanz zu erreichen. Die Produktionskosten verursachen einen teureren Wasserpreis pro Kubikmeter als von natürlichem Trinkwasser.

Meilensteine

Auf dem internationalen Kongress der IDA (International Desalination Association) im Oktober 1997 in Madrid, stießen die Projekte aus Spanien auf reges Interesse. 

Ein Jahr danach formierte sich der Sektor neu und es wurde die nationale Vereinigung AEDyR (Asociación Española de Desalación y Reutilización) gegründet, mit dem Ziel, sich am internationalen Markt der Meerwasserentsalzung und Wasseraufbereitung,   einschließlich der entsprechenden Entwicklungs- und Forschungsgebiete, zu positionieren. Im August 1999 wurde beim Internationalen Kongress der IDA in San Diego in Kalifornien erstmals ein Vertreter der AEDyR in den Vorstand gewählt. Seit 2002 ist die Vereinigung auch Mitglied der Global Water Partnership.

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der AEDyR im Jahr 2023, wurde erstmals ein Wettbewerb veranstaltet, bei dem herausragende Unternehmen der Branche, in den Kategorien Exzellenz, Innovation, Nachhaltigkeit, Kommunikation und Humanitäre Initiative, prämiert wurden.

Qualität: Besser als sein Ruf

Der Ruf des Trinkwassers auf den Kanaren ist zu Unrecht schlecht, jedenfalls in Las Palmas de Gran Canaria. Die Wasserproduktion bzw. Meerwasserentsalzung erfolgt mittels umgekehrter Osmose. Dort werden von der Wasserversorgungsgesellschaft ELMASA täglich um die 450 Proben entnommen bzw. analysiert, um die Wasserqualität zu überprüfen. Tatsächlich zählt das Trinkwasser in der Hauptstadt nach Aussagen von ELMASA zum Besten der Welt. Der Grund dafür ist u. a., dass Wasser bedarfsorientiert für den Konsum produziert wird. Es stammt zudem nicht aus Flüssen oder Aufbereitungsanlagen, wie im Rest des Landes bzw. in Europa üblich. Daher ist das Wasser frei jeglicher Kontaminationen, wie z. B. Schwermetallen oder Industrieabfällen. 

Selbst die Konsumentenschutzorganisation OCU (Organización del Consumidor) rankte das Trinkwasser aus Las Palmas de Gran Canaria landesweit auf dem 3. Platz. Der Vollständigkeit halber muss darauf hingewiesen werden, dass die Trinkwasserversorgung in den Gemeinden von verschiedenen Ressourcen gedeckt wird und das somit nicht auf das komplette Gebiet der Insel zutrifft.

Wassermanagement "next generation" ...

Ende November fand eine Krisensitzung für die beiden Inseln Fuerteventura und Lanzarote statt, um die weitere Vorgehensweise sowie die Finanzierungsfragen zu klären, die erforderlich sind um die 2018 gesetzliche Zusicherung der Infrastruktur erfüllen zu können. Mehr als 53 Mio. Euro steuert die Kanarenregierung bei und für die restlichen benötigten Mittel wurde die Kreditlinie verlängert. 

Die Infrastruktur wird im Einklang mit den EU Vorschriften Next Genration Resilienz errichtet, die auch eine Digitalisierung für die Wasserkreislauf-Bewirtschaftung vorsieht.

Kanaren: Fokus auf Afrika

Im Jahr 2020 hat die Autonomieregion der Kanarischen Inseln mit Marokko eine Kooperationsvereinbarung zum Thema „Aufbereitung von Wasser“ abgeschlossen, wo dem Nachbarkontinent aufgrund der langjährigen Expertise und der ähnlichen klimatischen Bedingungen ideal unter die Arme gegriffen werden kann bzw. mit Best Pratices ein Know-How Transfer erfolgen soll. Besprochen wurden verschiedene Lösungsansätze für die Aufbereitung von Wasser, je nach Zweck (Trinkwasser, Landwirtschaft, Tourismus, Industrie). Die Kanarischen Inseln könnten mit ihrem Fachwissen punkten, da ähnliche klimatische Bedingungen vorherrschen wie am benachbarten Kontinent bzw. in Marokko. Der Archipel verfügt zudem über einschlägige Erfahrungen in diesem Bereich. 

Ende November 2023 fand auf Fuerteventura zudem die 8. Konferenz Aguas y Energías renovables statt, die dieses Mal unter dem Motto Africaagua, intercambio para el cambio stand.Seitens des Archipels war Manuel Miranda, der zuständige Minister in der Sektion Territorialpolitik und Wasser der Kanarenregierung, dabei und aus afrikanischen Ländern waren Vertreter aus Marokko, Mauretanien, Senegal, Kapverden, Ghana, Gambia, die Goldküste sowie São Tomé und Príncipe.

Im Fokus der Konferenz lag der gegenseitige Informationsaustausch und die Verbesserung der Zusammenarbeit. Miranda lobte die bedeutende Rolle des Kanarischen Technologieinstituts hervor (ITC Instituto Tecnológico de Canarias), das seit Ende der 1990-er Jahre die Beziehungen zu vielen afrikanischen Staaten durch die Realisierung kritischer Infrastrukturprojekte förderte. 

Zudem wurde auch das Zentrum für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien (ECREE) involviert. Der Minister sei zuversichtlich, Geldmittel aus dem Budgettopf der EU im Rahmen der Initiative INTERREG, der mit 200 Mio. Euro dotiert ist, sicherstellen zu können. Immerhin handle es sich hier um territorialübergreifende Projekte. 

Mobile Wasseraufbereitungsanlagen

Auf La Palma hat die Eruption im September 2021 in einigen Gemeinden große Teile der Infrastruktur zerstört und verursachte beispielsweise in der Gemeinde Valle de Aridane einen Wassernotstand. Dort wurden mit einem Gesamtinvestment von 18,1 Mio. Euro zwei mobile Entsalzungsanlagen installiert, die die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen sowie für die Agrarbewirtschaftung im Süden der Insel erforderlich sind.     jm

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Verweise/Quellen

1)Gobierno de Canarias: 1. Dezember 2023

2) Viva Canarias Nr. 166 vom 1.8.2020 Wasserknappheit: Spanien Pionier bei Meerwasserentsalzung

3) Viva Canarias Nr. 166 vom 1.8.2020 Trinkwasserqualität - Studienergebnisse für Gran Canaria

4) Viva Canarias Nr. 166 vom 1.8.2020 Aktuelle Trinkwasserwarnhinweise Gran Canaria

5) Viva Canarias Nr. 193 vom 2.11.2022 Wasserwirtschaft Gran Canaria: Stauseen nur 12 Prozent voll